Erziehungsstile

Unterschiedliche Erziehungsstile

Bereits mit den beiden Strichen auf dem Schwangerschaftstest hagelt es aus dem Freundes- und Bekanntenkreis oft kluge Ratschläge, die sich unter anderem auf unterschiedliche Erziehungsstile berufen:

  • Das Baby muss von Anfang an in seinem eigenen Bett schlafen!
  • Das Baby muss direkt lernen, dass es Regeln und Grenzen gibt!
  • Lasst euch bloß nicht von eurem Baby kommandieren!

Die Liste könnte noch lange weitergeführt und mit weiteren klugen Ratschlägen gefüllt werden. Ganz nach dem Motto „Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht“, mögen diese Ratschläge gut gemeint sein. Allerdings sorgen jedoch mehr für eine Verwirrung der Eltern.

Gibt es überhaupt einen „richtigen“ Erziehungsstil?

Wie man es macht, macht man es falsch! Bei der Erziehung der Kinder handelt es sich um ein heikles Thema – eben, weil es so viele unterschiedliche Erziehungsstile gibt. Vor allem bei Müttern stellt es einen großen Streitpunkt dar und führt zu vielen Meinungsverschiedenheiten. Während einige Eltern den strengen Erziehungsstil wählen, gehen andere Eltern den Weg der bedürfnisorientierten Beziehung ohne Schimpfen und Strafen. Heißt das, dass Eltern, welche ihr Kind streng erziehen nicht auf die Bedürfnisse ihrer Kinder eingehen?

Es ist wichtig zu verstehen, dass unterschiedliche Erziehungsstile zwar definiert werden können, jedoch durch eine feine Linie voneinander getrennt werden. Greifen Eltern auf einen strengen Erziehungsstil zurück bedeutet das nicht, dass sie nicht auf die Bedürfnisse der Kinder eingehen. Andersherum bedeutet das auch, dass Eltern, welche die bedürfnisorientierte Beziehung für ihr Kind wählen, keine Grenzen aufziehen.

Die Erziehung der Kinder ist von vielen Vorurteilen geprägt. Es stellt immer die Entscheidung der Eltern dar, für welchen Erziehungsstil sie sich entscheiden. Solange der Erziehungsstil keine körperliche und keine physische Gewalt beinhaltet, genießen die Eltern die Entscheidungsfreiheit darüber, welcher Stil ihnen am meisten zusagt.

Somit gibt es keinen „richtigen“ Erziehungsstil. Dafür aber eine große Auswahl an vielen verschiedenen Stilen. Aus ihnen picken sich Eltern nach Bedarf auch einzelne Ansätze herauspicken und vereinen sie zu einem vollkommen individuellen Stil. Doch an dieser Stelle stellt sich die berechtigte Frage: „Was gibt es für Erziehungsstile?“

Was ist Erziehung überhaupt?

Um eine Antwort auf die Frage „Was gibt es für Erziehungsstile?“ geben zu können, stellt sich zunächst die Frage, was Erziehung überhaupt ist und, wodurch sich unterschiedliche Erziehungsstile auszeichnen. Wieso setzen in der heutigen Zeit immer mehr Eltern auf das Motto „Beziehung statt Erziehung“?

Grundsätzlich verfolgt die Erziehung die folgenden Ziele:

  • Die geistige, sittliche und körperliche Formung junger Menschen.
  • Die zielgerichtete Einwirkung auf die Fähigkeiten und Kräfte von Kindern.
  • Das Formen zu verantwortungsbewussten und charakterfesten Persönlichkeiten.

Viele Eltern sind der Ansicht, dass das Einwirken auf das Kind negative Folgen mit sich bringt. Es ist wichtig, das Kind zu begleiten und zu verstehen, anstatt es zu erziehen. Da jedoch keine feste Definition das Wort „Erziehung“ in Stein meißelt, stellt sich die Frage, ab wann die Erziehung das Kind dominiert. Wann befindet sie sich im Einklang mit seinen Bedürfnissen und seiner Entwicklung?.

Allgemein bringt das Wort „Erziehung“ in der heutigen Zeit einen recht negativen Beigeschmack mit sich. Umso wichtiger ist es zu verstehen, was eigentlich hinter den einzelnen Erziehungsstilen steckt.

Verstehen wir, dass das „Erziehung“ nicht mit dem Rohrstock und der Auszeit in der Ecke verbunden ist und entfernen uns von den Vorurteilen, welche wir gegenüber den einzelnen Stilen haben, verstehen wir sehr viel besser, dass Erziehung viele Gesichter und Facetten mit sich bringt. Es handelt sich um eine Straße mit vielen Abzweigungen, welche wir zum Wohl unserer Kinder nehmen können.

Die unterschiedlichen Erziehungsstile

Harmonische Bindung zwischen Eltern und Kind

Was kann man sich unter der Bezeichnung „Erziehungsstil“ vorstellen? Der Stil der Erziehung besagt, inwiefern Eltern auf die Entwicklung ihres Kindes einwirken und inwiefern sie es basierend auf seinen Wünschen, Bedürfnissen und Fähigkeiten fördern.

Typologische Konzepte, die unterschiedliche Erziehungsstile benennen und definieren und, welche bis in die 1970er Jahre Standard waren, finden sich unter anderem in den folgenden Stilen wieder:

Die Autoritäre Erziehung

Bei der autoritären Erziehung liegt die Autorität einzig und alleine bei den Eltern, welche bestimmen, welche Aktivitäten durchgeführt werden und, was das Kind zu tun hat. Somit prägen vor allem Kommandos, Befehle und auch klar aufgezeigte Grenzen autoritäre Erziehungsstile. Oft haben die Eltern dabei Distanz zu ihren Kindern und wenden sich nicht auf die freundlichste Art und Weise an sie. Vielmehr loben und tadeln sie gezielt, um Kinder zu konditionieren und ihnen zu zeigen, wenn ein Verhalten gut oder schlecht ist.

Die demokratische Erziehung (Autoritativ)

Wie man es sich vielleicht schon denken kann, basiert die demokratische Erziehung auf dem Prinzip der Demokratie. Eltern entscheiden gemeinsam mit ihren Kindern und binden sie aktiv in Entscheidungen ein. Sie motivieren Kinder und verzichten weitestgehend auf Strafen und Tadel, sondern legen ihren Fokus mehr auf das Loben. Bei Problemen bieten Eltern mehrere Lösungen an, um dann gemeinsam mit dem Kind zu entscheiden, welcher Lösungsweg der Beste darstellt.

Die Laissez-Faire-Erziehung

Einige Menschen bezeichnen diesen Erziehungsstil auch als „Anarchie“, da sich Eltern zum größten Teil zurücknehmen und die Kinder, salopp gesagt, tun und lassen machen, was sie wollen. Eltern nehmen oft die Rolle des stillen Beobachters ein, lassen Kinder ihre Entscheidungen selbst treffen und Probleme alleine lösen, ohne Partei zu ergreifend. Vielmehr sind die Eltern in diesem Fall die Schweiz – vollkommen neutral und zurückhalten.

Diesen drei Erziehungsstilen fügten sich im Jahr 1962 vier weitere Stile hinzu, welche folgende darstellen:

Autokratische Erziehung

Grundsätzlich ähnelt dieser Erziehungsstil der autoritären Erziehung, da auch er darauf basiert, dem Kind gegenüber autoritär gegenüber zu treten. Er umfasst das Setzen von Regeln, das Loben und die Bestrafung. Eltern beziehen ihr Kind nicht aktiv in Entscheidungen ein. Oft werden Kinder bei diesem Erziehungsstil kaum oder gar nicht nach ihrer eigenen Meinung gefragt.

Egalitäre Erziehung

Dieser Erziehungsstil trägt in der heutigen Zeit auch den Namen der bedürfnisorientierten Erziehung. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass nicht nur die Bedürfnisse der Kinder, sondern auch die Bedürfnisse der Eltern eine wichtige Rolle spielen und sich Eltern und Kinder auf Augenhöhe miteinander befinden. Sehr viele Eltern wählen diesen Erziehungsstil und treffen gemeinsam mit ihren Kindern Entscheidungen, in dem sie sich von dem Motto „Ich entscheide, du hast du machen!“ entfernen. Stattdessen suchen sie immer nach Möglichkeiten, um die verschiedenen Bedürfnisse zu befriedigen, welche in einer Familie aufeinandertreffen. Kinder und Eltern genießen in diesem Fall dieselben Rechte, allerdings auch die gleichen Pflichten.

Permissive Erziehung

Bei der permissiven Erziehung bestehen sehr große Parallelen zu dem „Laissez-faire“-Stil, bei welchem Kinder nahezu auf sich alleine gestellt sind. Allerdings halten sich die Eltern bei der permissiven Erziehung nicht vollkommen zurück. Sie greifen jedoch nicht ein, wenn es um persönliche Entscheidungen geht. In diesem Fall trifft das Kind die Entscheidungen alleine.

Negierende Erziehung

Bei der negierenden Erziehung handelt es sich um einen Stil, bei welchem sich die Eltern nicht bewusst zurücknehmen, sondern schlicht und ergreifend kein Interesse für die Entwicklung ihres Kindes hegen. Folge dessen ist, dass sie die Erziehung ihres Kindes in keiner Weise beeinflussen.

Für welchen Erziehungsstil soll ich mich entscheiden?

Bestrafung, Schimpfen - Gewalt in der Erziehung

Eltern entscheiden sich nicht immer bewusst für einen Erziehungsstil, sondern wenden die Erziehung bei ihren Kindern an, welche sie selbst auch als Kind erfahren haben. Der beste Ratschlag, welchen man Eltern mit auf den Weg geben kann, wenn sie sich die Frage nach dem richtigen Erziehungsstil stellen, ist der, immer auf das Herz zu hören und das zu tun, was richtig zu sein scheint. Bevor Eltern einen bestimmten Weg wählen ist es wichtig im Hinterkopf zu behalten, dass die Erziehung keine „One-Way-Road“ darstellt. Sie bietet zu jeder Zeit die Möglichkeit, die Richtung zu ändern und neue Aspekte in die Erziehung mit einzubeziehen.

Jedes Kind reagiert anders auf die Erziehung, sodass es nicht den einzigen richtigen Weg gibt, welchen Eltern mit ihren Kindern gehen können. Was allerdings bei der Wahl des Erziehungsstils zu beobachten ist, ist die Tatsache, dass bestimmte Faktoren die Erziehung beeinflussen.

Faktoren, welche den Erziehungsstil beeinflussen, stellen unter anderem die Folgenden dar:

  • die eigene Erziehung
  • die Schicht, welcher die Familie angehört
  • die eigene Auffassung der Erziehung

Untersuchungen haben herausgefunden, dass verschiedene Schichten oft unterschiedliche Erziehungsstile für die Erziehung ihrer Kinder anwenden.

SchichtPräferierter Erziehungsstil
UnterschichtStreng und zum Teil auch vernachlässigend, da es oft an: Umweltoffenheit Konfliktbereitschaft Sozialisationsleistung mangelt.
Mittel- und OberschichtOft wählen Eltern der Mittel- und Oberschicht einen akzeptierenden und egalitären Stil, welcher sich von dem autoritären Erziehungsstil entfernt.   Vor allem folgende Aspekte prägen die Erziehung dieser Familien: Interesse für die Entwicklung des KindesFörderung der Interessen des Kindes

Wie wirken sich die Erziehungsstile auf die Kinder aus?

Insgesamt kann man festhalten, dass es sieben unterschiedliche Erziehungsstile gibt, aus welchen sich die Eltern jedoch nach Bedarf einzelne Aspekte herauspicken können, um ihren ganz eigenen Erziehungsstil zu finden. Doch, wie wirken sich unterschiedliche Erziehungsstile auf die Eltern, die Kinder und auch auf die Entwicklung der Kinder aus?

Der Autoritäre und autokratische Stil

Ziel: Gehorsam des Kindes

Grundlagen: Bestrafung (auch körperlich), Kaum verbaler Austausch; Ständige Kontrolle und Reglementierung der Kinder, Einschränkung der freien Meinungsäußerung, raue und aggressive Grundstimmung

Auswirkungen auf das Kind und auf die Beziehung: Die Kinder zeigen oft sehr ängstliche Verhaltensweisen auf, trauen sich nicht, ihre eigene Meinung zu sagen und weisen ein sehr geringe Frustrationstoleranz auf. Oft haben sie auch Verhaltensprobleme und Schwierigkeiten damit, soziale Kontakte zu knüpfen. Dadurch, dass das Kind eine große Einschränkung seiner Autonomie erfährt, mündet dieser Umstand unter Umständen in einem vernachlässigten Verhältnis zwischen Eltern und Kind

Der demokratische Stil

Ziel: Berücksichtigung der Autonomie, des Willens und der Interessen des Kindes

Grundlagen: Aufstellen von Regeln und Normen, Einbeziehung der Kinder in Entscheidungen, Orientierung an den Interessen und Wünschen des Kindes, Gemeinsame Entscheidungsfindung im von Eltern vorgegebenem Rahmen, Begründung von Maßnahmen, Regeln und Normen.

Auswirkungen auf das Kind und auf die Beziehung: Kinder fühlen sich in ihren Bedürfnissen und Wüschen ernstgenommen, sodass in der Regel eine liebevolle, warme und verständnisvolle Beziehung zwischen Eltern und Kindern zustande kommt. Kinder, welche eine demokratische Erziehung genießen, weisen oft eine große Eigenständigkeit auf und leiden nur selten unter Angst, Depressionen oder Problemen des Verhaltens.

Der Laissez-faire-Stil

Ziel: Vollkommene Autonomie des Kindes

Grundlagen: Das Kind tut, was es möchte, Eltern nehmen eine neutrale Rolle ein, Eltern unterstützen die Entwicklung des Kindes nicht aktiv

Auswirkungen auf das Kind und auf die Beziehung: Kinder könnten das Gefühl bekommen, ihren Eltern egal zu sein, sodass die Beziehung zwischen Eltern und Kindern oft leidet. In einigen Fällen resultiert dieser Erziehungsstil aber auch in einer sehr liebevollen und starken Bindung zwischen Eltern und Kind.

Der egalitäre Stil

Ziel: Erfüllung der Bedürfnisse der Eltern und der Kinder/Beziehung auf Augenhöhe

Grundlagen: Sowohl die Bedürfnisse des Kindes, als auch der Eltern werden ernst- und wahrgenommen, Kinder und Eltern haben dieselben Rechte und Pflichten.

Auswirkungen auf das Kind und auf die Beziehung: Die Kinder fühlen sich in ihren Wünschen und Bedürfnissen ernst genommen und lernen auch die Bedürfnisse anderer Menschen wahrzunehmen. Oft haben die Kinder ein hohes Selbstwertgefühl, Selbstbewusstsein und stehen für sich und ihre Meinung ein.

Der permissive Stil

Ziel: Autonomie des Kindes

Grundlagen: kindzentrierte und sensible Begleitung des Kindes, Akzeptanz des Willens und der Wünsche des Kindes, Unterstützen der Eigenständigkeit, sowie der Individualität des Kindes, Kommunikation als der Schlüssel, Unterordnung der Eltern unter die Wünsche des Kindes

Auswirkungen auf das Kind und auf die Beziehung: Das Kind lernt selten mit Regeln umzugehen und tun sich somit außerhalb der Familie schwer damit Regeln zu befolgen und zu akzeptieren. Oft gehen Kinder nur ihren persönlichen Neigungen und Interessen nach, wobei die Beziehung zwischen Eltern und Kindern oft liebevoll ist, unter Umständen jedoch ausartet, wenn sich Eltern ständig dem Willen der Kinder unterordnen.

Der negierende Stil

Ziel: Nicht klar definiert, da sich Eltern nicht für die Entwicklung des Kindes interessieren.

Grundlagen: Eltern reagieren ablehnend und uninteressiert auf das Kind, Es finden weder Forderung noch Förderung statt

Auswirkungen auf das Kind und auf die Beziehung: Eltern und Kinder haben oft kein gutes oder schlicht und ergreifend kein Verhältnis, während die Kinder oft unter einem sehr geringen Selbstwertgefühl leiden und mit Aggressionen und anderen Verhaltensauffälligkeiten negativ auffallen.

Fazit

Ein Erziehungsstil ist nicht automatisch gut oder erstrebenswert, weil er sich als Stil in der Auflistung befindet. Viele der Erziehungsstile bringen Vorteile, aber auch negative Aspekte mit sich, sodass jede Familie am besten für sich selbst herausfindet, auf welchem Weg sie ihr Kind in seinen Interessen, seiner Entwicklung und seinen Bedürfnissen fordern, fördern und unterstützen, ohne weder physische noch psychische Gewalt anzuwenden.

Aus pädagogischer Sicht ist der autoritative Stil am sinnvollsten. Jedoch sollen auch hier die Eltern nicht alles mit dem Kind diskutieren und aushandeln. Jedes Kind ist anders und somit muss auch jede Erziehung individuell auf das Kind abgestimmt sein. Ein Kind braucht mehr Regeln und Vorschriften, ein anderes ist schon sehr selbständig und braucht weniger Vorschriften. Generell sollen die Eltern die „Leitblanken“ setzen und das Kind kann sich dazwischen frei bewegen und sein Potential entfalten.

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